Napa Valley: The Land of Food and Wine

Foto: © FFF

Yountville in Kalifornien ist ein schläfriges, leicht verstaubtes Städtchen: schiefe Telefonmasten, halbleere Parkplätze, kleine Gasthäuser.

So sieht es in jeder dritten Kleinstadt in den USA aus. Und doch pilgern Jahr für Jahr Tausende in den Norden der San Francisco Bay Area. Es ist ein nicht enden wollender Strom von Gourmets und Gourmands, die mit vollen Brieftaschen und leeren Mägen um Einlass bitten – in zehn der besten Restaurants des Golden State. 

Alle zehn sind dem Michelin eine Erwähnung wert. Unter ihnen "eines der besten der Welt": „The French Laundry". Geführt vom frankophilen Thomas Keller. Geschmückt mit drei Sternen. Keller ist eine Art lukullischer Platzhirsch in Yountville. Seiner „Restaurant Group" gehören allein drei Läden - alle in der Washington Street. Neben der Französischen Waschküche das kongeniale „Bouchon", das es zu einem Stern gebracht hat. Und ein paar Meter weiter das "ad hoc", wo sich der Maitre der einheimischen Küche widmet.

Am südlichen Ende von Yountville kocht Richard Reddington. Sein „Redd" wirkt eher wie das Museum of Modern Art als ein 1-Sterne-Restaurant. Zu verdanken hat er das dem New Yorker Architekten-Büro Asfour Guzy. Reddington pflegt hier die Neue Amerikanische Küche, begleitet von asiatischen Aromen. Den Yountviller Sternereigen komplettiert schließlich das "étoile" am California Drive. Dort regiert Perry Hoffman, ein Native. Seine Großeltern waren die früheren Besitzer der „French Laundry". Yountville ist also ein Muss. Und deshalb auch der ideale Ausgangspunkt für eine Tour durch das California Wine Country.

Robert Mondavi: Der Erfinder des Napa Valley

Yountville liegt im Napa County. Und damit sind wir mitten im Thema. Der Begriff „Napa Valley" ist nämlich weltweit das Synonym für kalifornischen Wein. Diesen Ruf hat das Tal vor allem Robert Mondavi zu verdanken, der hier Mitte der 60er Jahre seine Winery am Highway 29 eröffnete. Bereits seine ersten Cabernet Sauvignons pochten unüberhörbar an das Tor der etablierten Weinländer und zeigten das ganze Potential des Napa Valley. Der Durchbruch gelang schließlich 1979 mit dem weltberühmten Opus One, einem Joint Venture mit Baron Philippe de Rothschild.

Danach begann ein Boom ohnegleichen. 80 Prozent aller Weingüter, die heute im Tal arbeiten, sind erst in den letzten 30 Jahren entstanden. Das Napa-Valley wurde – zwei Jahre nach der Opus One-Taufe – zum ersten AVA Kaliforniens ernannt. Bis heute folgten – zwischen San Diego und San Francisco - über 100 weitere „American Viticultural Areas". AVA steht für klar definierte Weinregionen in den USA. Steht AVA auf dem Etikett müssen 85 Prozent der verarbeiteten Trauben aus dem betreffenden Gebiet stammen.

Napa-Klima: Warme Tage und kühle Nächte

Was das Napa Valley so einmalig macht, kann man in der „Conn Creek Winery" am Silverado Trail lernen. Das kleine Weingut, bekannt für recht gute Cabernet Sauvignons, bietet für 95 Dollar pro Kopf einen sehr anschaulichen Exkurs über Klima, Boden und Topographie des berühmten Valleys. In Napa herrschen geradezu mediterrane Verhältnisse: lange warme, trockene Tage und kühle Nächte. Ideal für sensible Reben, die langsam reifen sollen. Dieses Klima ist nahezu allen 14 Sub-Appellations eigen. Einzig im Norden herrscht eine rauere Gangart. Dort kämpfen die Winzer gegen den Einfluss des Pazifik.

Mit den Bodenverhältnissen ist es dagegen nicht ganz so einfach. Sie erinnern an einen Patchwork-Teppich. Jede Sub-Appellation hat ihren eigenen - höchst eigenwilligen - Charakter. Er reicht von vulkanisch-alluvial-kies (Rutherford) über sedimentär-kies-lehm (St. Helena) bis zu steinig-kies-vulkanisch (Calistoga). Jeder Boden ergibt einen anderen Wein. In Rutherford schmeckt man Gewürze und Karamell, in St. Helena rote und schwarze Früchte und in Calistoga Schokolade und Espresso-Noten.

Delia Viader: Overeducated Winemaker

Was man in Howell Mountain schmeckt, kann man auf GOURMET GLOBE bereits nachlesen. Der Viader 2005 wird unter den "Wein-Empfehlungen" aufgeführt. Dieser großartige Tropfen stammt aus der zarten Hand von Delia Viader. Die gebürtige Argentinerin ist die Gründerin des „Viader Vineyards" an der Deer Park Road. Delia ist eine „overeducated" Weinmacherin, wie ihr Vater einmal mit einem leicht missbilligenden Unterton feststellte. Frau Dr. phil. hatte nämlich einst eine vielversprechende wissenschaftliche Karriere in Berkley für den harten Job in den Weinbergen eingetauscht.

Diese mutige Entscheidung hat sich gelohnt. Viader hat Gewicht in der kalifornischen Weinwelt. Auf dem 400 Meter hohen Howell Mountain wachsen prächtige Blends aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Petite Verdot und Syrah. Gepampert mit Kuhhorndünger und anderen bio-dynamischen Produkten. Erzogen auf Rebflächen im Bordeaux-Stil, was in Kalifornien eher ungewöhnlich ist. Und ausgebaut in französischer Eiche – 23 Monate lang.

Zu den besten Weinen, die GOURMET GLOBE verkostete, zählt, wie bereits erwähnt, der Viader 2005. Mokka, Tabak, Erde, komplexe Tannine und florale Noten. Getoppt wird dieser Tropfen nur noch vom Jahrgang 1991, von dem es allerdings nur noch wenige Flaschen gibt. Selbst die Chefin muss sie sich im Fachhandel besorgen. Wein-Guru Robert Parker zählt übrigens "Viader Vineyards" - mit der Note „ausgezeichnet" - zu den besten Produzenten von Cabernet Sauvignon in Kalifornien.

Chateau Montelena: Der Triumpf von Paris

1976 war ein großes, ein unvergessliches Jahr für den kalifornischen Wein. In Paris, im Hotel Intercontinental, fand eine historische Blindverkostung statt: Kalifornien trat gegen Frankreich an. Pinot Chardonnays und Cabernet Sauvignons maßen sich mit weißen Burgundern und roten Bordeaux. Die Jury bestand aus neun französischen Gentlemen, die zum Who's Who der französischen Weinwelt zählten. Für sie und für die Zuschauer gab es nicht den geringsten Zweifel, dass die Grande Nation den Underdog aus Kalifornien in Grund und Boden verkosten werde.

chateau montelenaAls schließlich die Stimmzettel ausgewertet und die Flaschen enthüllt wurden, wurde es totenstill im Intercontinental. Diese Stille wirkt noch heute nach. Bei den Weißweinen siegte ein Chateau Montelena 1973 und bei den Rotweinen ein Stag's Leap Wine Cellars 1972. Beide stammten von den lieblichen Hügeln des Napa Valley. Jim Barrett, Mitinhaber des Chateau Montelena, kommentierte damals trocken: "Not bad for kids from the sticks."

Die Ironie an der Geschichte ist, dass Alfred Tubbs, der Gründer des Chateau Montelena, ein großer Freund der französischen Lebensart war. Er ließ 1882 am Napa River ein kleines französisches Schlösschen bauen, importierte einen französischen Kellermeister und kelterte "französischen" Wein. Das liegt fast 130 Jahre zurück. Geblieben ist davon nur noch die Fassade des Schlösschen: Spitztürme, Rundbögen, Erker. Dahinter entstehen heute große kalifornische Weine. Immer unter dem Druck des glorreichen "Judgement of Paris".

Klassische Bordeaux aus St. Helena

Der französische Einfluß ist auch bei der "Duckhorn Wine Company" in St. Helena allgegenwärtig. Dan und Margaret Duckhorn begannen ihre Karriere als Weinmacher mit einer klassischen Rebsorte aus dem Bordelais: der Merlot-Traube. Mit dieser Entscheidung stemmte sich das frankophile Ehepaar gegen den damaligen Zeitgeist. Das Napa Valley war nämlich in den siebziger Jahren fest im Griff der Chardonnay-Winzer.

Heute bietet das Weingut mit der Lockente im Logo ein respektables Merlot-Portfolio: der Napa Valley Merlot, der Three Palms Vineyard Merlot und der Estate Grown Merlot. Alles sogenannte "Varietals". Weine also, die hauptsächlich aus einer Rebsorte gekeltert werden. Beim Lunch mit Margaret Duckhorn in St. Helena gefiel vor allem der Estate Grown Merlot aus dem Jahre 2006. Er besteht zu 86 Prozent aus Merlot. Den Rest teilen sich Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Die Trauben stammen aus fünf verschiedenen Lagen im Napa Valley. Entsprechend komplex ist sein Aroma: Rote Beere, Heidelbeere, Granatapfel, wilde Kräuter, ein wenig Pflaume und Gewürze.

Neben Merlot keltert die "Duckhorn Wine Company", die inzwischen mehrheitlich der Private Equity Gesellschaft "GI Partners" gehört, großartige Pinot Noirs (Goldeneye Anderson Valley 2006) und Cabernet Sauvignons. Hier ist vor allem der Estate Grown Cabernet Saivignon 2006 zu empfehlen. Er ist das Ergebnis einer langen Wachstumsphase. 2006 gab es im Napa Valley – bis in den Herbst hinein - sehr milde Temperaturen. Das ermöglichte ein ausgeprägtes Aroma, bestehend aus Kräuter, Gewürzen, Toffee, Mokka, Johannisbeeren und Himbeeren. Ein brillianter Wein!